Dividenden-Kürzungen in Deutschland machen mich ärgerlich

Mit dem Laden des Videos akzeptieren Sie die Datenschutzerklärung von YouTube.
Mehr erfahren
Können deutsche Dividenden-Aktien tatsächlich die Krise abfedern? Ist darauf Verlass, dass sie in Zeiten fallender Kurse noch für ein bisschen Rendite sorgen, um den Crash mental leichter zu überstehen?
In diesem März, der Hochzeit der Corona-Krise, gaben zahlreiche deutsche Aktienunternehmen Dividendenkürzungen bekannt, was eines der Hauptargumente einer Dividendenstrategie zunichtezumachen scheint.
Zu berücksichtigen ist jedoch, dass sich die Dividendenpolitik in Deutschland grundsätzlich von der US-amerikanischer Dividendenaristokraten unterscheidet, was vor allem daran liegt, dass die betriebliche Altersvorsorge durch Pensionsfonds in Nordamerika einen viel höheren Stellenwert hat als bei uns in Deutschland. Während hier noch die gesetzliche Rente für den Löwenanteil einer Rente aufkommt, tun das in Nordamerika die Pensionsfonds, die sich vor allem auf die zuverlässige Zahlung durch Dividendenaristokraten verlassen.
Entscheidet sich ein Unternehmen dort, die Dividende zu streichen, riskiert es gleichzeitig, aus diesen Fonds zu fliegen und damit große Investoren zu verlieren. Aktienunternehmen, die an einem solchen Status interessiert sind, müssen deshalb sehr umsichtig mit der Ausschüttung von Dividenden haushalten.

Diese Umsichtigkeit ist in Deutschland und Europa weniger zu beobachten. Vielleicht, weil die Renten nicht in vergleichbarem Maße davon abhängen. So schüttete Sixt im sehr erfolgreichen Jahr 2018 eine Sonderdividende aus, die dem Doppelten der eigentlichen Dividende entsprach. Eine Reserve, die in diesem Jahr dringend gebraucht worden wäre. Auch die Lufthansa schüttete in den letzten 20 Jahren mehr sporadisch als nach einem bestimmten Prinzip Dividenden aus.

Kurz: Investieren wir bei uns zuhause, müssen wir leider damit rechnen, dass hier und da die Dividende ausfällt. Und das muss bei unserer Dividendenpolitik auch so gemacht werden, damit die Aktienunternehmen nicht pleite gehen. Wollten wir vergleichbare Verhältnisse wie bei US-Riesen, müssten wir deutlich langfristiger planen.
In Deutschland haben wir nur genau zwei waschechte Dividendenaristokraten, also AGs, die seit mehr als 25 Jahren jedes Jahr die Dividende gesteigert haben. Das sind Fresenius (ISIN: DE0005785604) und Linde (ISIN: IE00BZ12WP82). Beide erhöhen die Dividende seit 27 Jahren in Folge.
Will man bei Dividendenzahlungen grundsätzlich nicht enttäuscht werden, hält man sich am besten strikt an die internationalen Dividendenaristokraten wie P&G, Coca-Cola, Johnson & Johnson, Colgate-Palmolive, Target, Altria, Kimberly-Clark, PepsiCo, Walmart, Walgreens und viele weitere, die gut haushalten und denen so viel an ihrem Status liegt, dass sie zwischenzeitlich sogar Anleihen vergeben würden, um ihre Dividendenhistorie zu retten.

Ein solches Vorgehen wird nicht von allen gelobt. Auch ich befürworte weniger eine Steigerung, die auf Pump geschehen muss, es zeigt dem Investor jedoch, wie sehr eine regelmäßige Dividendenausschüttung gewertschätzt wird. Und das hat auch positive Seiten für den Dividendeninvestor. In einem solchen Fall muss abgeschätzt werden, inwieweit es dem Unternehmen gelingen kann, die auf Pump gezahlte Dividende wieder einzunehmen. Handelt es sich um einen internationalen Großkonzern, ist wie Wahrscheinlichkeit dafür größer als beim Kleinunternehmen.
Hinweis auf Interessenkonflikte: Der Verfasser Johannes Lortz ist in diesem Artikel unmittelbar und mittelbar auf folgende Finanzinstrumente eingegangen, in die er selbst investiert ist und bei denen er profitiert, falls diese Publikation eine positive Kursentwicklung zur Folge haben sollte: Coca-Cola, Johnson & Johnson, Altria, Walgreens.
Das Investieren in Finanzinstrumente ist immer mit erhöhtem Risiko verbunden. Investiere deshalb nie, was du nicht bereit bist, zu verlieren.